Bevor wir uns in die Ruhe und scheinbare Unendlichkeit der Everglades, dem Namen nach ins "klare Wasser" stürzen, müssen wir uns besonders in den Sommermonaten gut gegen Moskitos schützen. Als Reisezeit empfiehlt sich aber besser die Winter- bzw. sogenannte trockene Zeit. Im Royal Palm Visitor Center beginnen wir unsere Tour mit einem kleinen Spaziergang über den eine halbe Meile langen Anhinga Trail. Ein Ranger hilft uns dabei, die bemerkenswerte Vogelwelt zu entdecken, darunter der nach dem Weg benannte langschnabelige Schlangenhalsvogel. Auch können schließen wir hier schon mal erste Bekanntschaft mit den gefährlichen Alligatoren, die wir später noch vertiefen werden.
Nach dieser im wahrsten Sinne des Wortes aussichtreichen Tour fahren wir mit dem Auto in Richtung Flamingo. Erste Station ist nach etwa sieben Meilen der eine dreiviertel Meile lange Pineland Trail, den wir im stop-and-walk-Gang erkunden. Am Mahogany Hammock schauen wir uns den größten lebenden Mahagoniebaum der USA an. Auf einem der zahlreichen Picknickplätze packen wir unsere Cooler aus. Während wir tiefgekühlte Limonade und Sandwiches genießen, lauschen wir dem Gepiepse, Gezierpe und Gequake der Reiher, Frösche und unzähligen anderen Tierarten, das umhüllt vom sanften Rauschen der Schneidebinsen und Zypressen den unverkennbaren "Everglades-Sound" ergibt. Nach dem Lunch unternehmen wir eine Airboottour, die in dem ganzen Gebiet angeboten wird. Mit etwas Glück unterhält uns der Kapitän mit einer beeindruckenden Fütterung der Raubtiere, sprich Alligatoren, die am liebsten Marshmallows verdrücken. Dass der Einheimische da gern seine Finger, Hände und ganzen Arme aufs Spiel setzt, trügt, ist aber zumindest sehr aufregend – vor allem für Kinder. Am Abend können wir noch den traumhaften Sonnenuntergang über der Zufahrtsstraße des Pa-hay-okee Aussichtspunktes genießen, bevor wir uns in Everglades City Alligatorenschwänze oder Froschschenkel schmecken lassen.
Größe: | 6104 km² |
County: | Collier County Monroe County und Miami Dade County |
Koordinaten Haupteingang: | 25° 43' N 80° 35' W |
Vorwahl: | + 1305 |
Der spanische Seefahrer Juan Ponce de Leon aus Puerto Rico kam im Jahr 1513 aus dem Süden in die Everglades und entdeckte die Region, die er Florida nannte. Dabei traf er auf die Ureinwohner des Stammes der mächtigen Calusa-Indianer. Sie lebten schon über Jahrhunderte in diesem Gebiet. Ihre Behausungen waren Lehmhütten, sie ernährten sich von Pflanzen und Wassertieren und verehrten die Sonne als oberste Gottheit. Die Seefahrer versuchten das Gebiet zu erobern und brachten dabei die Pocken ins Land. In der Mitte des 17. Jahrhunderts erlagen die Indianer der Seuche, während zur selben Zeit weiße Siedler in Alabama und Georgia die dort ansässigen Miccosukee und Creek-Indianer vertrieben. Die daraufhin in den Everglades Zuflucht findenden Indianer wurden Seminolen genannt.
Im Jahr 1821 kauften die USA den Spaniern für fünf Millionen Dollar Florida ab. Die Zahl der Siedler nahm zu und die Seminolen wurden immer mehr in den Süden Floridas verdrängt. Sie schlugen das Angebot der Regierung aus, in die Reservate nach Missouri, Louisiana und Arkansas umzusiedeln. So kämpften sie unter der Führung des bekannten Häuptlings Osceola sieben lange Jahre gegen die amerikanische Armee. Auch nach dem Begraben des Kriegsbeils im Jahr 1842 kam es in den Jahren darauf immer wieder zu tödlichen Auseinandersetzungen. Nach einem Angriff von Hauptmann John Parkhill überlebten diese Unruhen 1857 nur noch etwa einhundert Frauen und Männer der Seminolen-Indianer.
Um die Jahrhundertwende herum begann man mit dem Straßen- und Eisenbahnbau im Süden Floridas. Dazu wurde Bauland ausgewiesen. Leider litt mit dem Einzug der Zivilisation erstmals – und zwar erheblich – das Ökosystem der Everglades. Millionen Reiher wurden wegen ihres prächtigen Federkleides getötet. Dank dem Protest der Naturschützer wurden schließlich Gesetze eingeführt, die das Wildern und Jagen in den Everglades verboten.
Die 1886 gegründete Audubon Society stellte zum Wahren der Gesetze Jagtaufseher ein. Die Namensgebung der Gesellschaft erfolgte nach James Audubon. Der Künstler hatte die wunderbare Marschlandwelt durch Zeichnungen und Kupferstiche von Vögeln und anderen Tieren festgehalten. 1928 wurden die Everglades zu einem Nationalpark gemacht und damit die Tropical Everglades National Park Assosiation gegründet. Präsident Roosevelt unterzeichnete 1934 den Gesetzentwurf zur Gründung des Nationalparks. Aufgrund bürokratischer Hindernisse und durch den Ausbruch des zweiten Weltkriegs verzögerte sich aber die Eröffnung des Parks noch bis 1949. Mit der Begradigung vieler Wasserwege in der Zeit von 1947 bis 1983 geriet das ökologische Gleichgewicht ins Schwanken, an dessen Wiederherstellung noch heute zahlreiche Umweltingenieure tätig sind.
Angela Struck ist freie Journalistin und Geschäftsführerin der Presse Service Büro GbR in Ried.
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